Die Feldsteinkirche von Ristedt

(Zur großen Bildergalerie am unteren Seitenende)

 

Von Klaus Pacholik, Ristedt im Oktober 2007

und eine überarbeitete Version vom gleichen Autor (13.Mai 2012) als PDF - 4 MB - Achtung ! - lange Ladezeiten

Die Kirche in Ristedt wurde am 8 . November 1182 unter dem Namen des
Heiligen Märtyrers Pankratius von Bischof Tammo aus Verden geweiht.

_______________________________________________________________

 

Der Taufkessel

Durchwandert man von Tangeln kommend das Waldgebiet des Heidau in Richtung Ristedt, so gelangt man an eine Mulde mit einem Flüsschen, die als Taufkessel

bezeichnet wird. Örtliche Überlieferung hat aufbewahrt, dass hier Bonifatius (+ 754 in Dokkum/Friesland ) getauft haben soll. In der Tat hat die Missionierung des ganzen Gebietes durch iroschottische Mönche schon in früher Zeit begonnen, man wird aber eher an einen der Nachfolger von Bonifatius, vielleicht an Sturmius und seine Taufmönche zu denken haben. Mag sein, dass die Mönche bis in diese Gegend vorgedrungen sind , es hat in den Anfängen des Christentums vielfältige Anstöße gegeben, die die Menschen in unserer Gegend zum christlichen Glauben führten. Die Funde christlicher Schmuckstücke, christliche Symbole auf Kleidungsstücken oder Waffen oder die Lage der Toten auf den Begräbnisfeldern in Mitteldeutschland weisen z.B. daraufhin, dass die in unserem Gebiet ansässigen Sachsen wohl nicht allein durch den Missionsfeldzug eines einzelnen zum Glauben gekommen sind. Wohl auch nicht wirklich durch die Zwangsbekehrungen Karls des Großen. Vielmehr über lange Zeiträume hinweg haben sie sich dem christlichen Glauben gegenüber aufgeschlossen oder verweigert. Die Unruhe der Sachsenkriege zeigt aber auch, wie sehr Glaube und

Kirchenverfassung in unserem Gebiet weiter umstritten waren, zumal die Altmark als Grenzgebiet zu den Slawen immer umkämpft und darum immer Missionsgebiet geblieben ist. Der Kirchturm Ristedt, "Stätte am Ried ", „am Graben“, liegt an dem Flüsschen Riete. Das Dorf bot von daher auch eine günstige Ausgangslage für den Bau einer Kirche. Um 1109 bestand Ristedt aus 5 Höfen, die man sich als Rundlingsdorf um die heutige Kirche denken muss. Von der ursprünglichen Kirche ist heute nur noch der Turm erhalten. Er ist das älteste Gebäudeteil. Das verwendete Bauholz im Turm muss vor 1220 geschlagen sein. Der Turm zeigt innen eine Wölbung, an die sich das Kirchenschiff anschloss. Etwa in der Höhe der heutigen Empore befand sich darin die Glocke. Für das Entfernen der Glocke im dreißigjährigen Krieg wurde diese Wölbung aufgeschlagen. Später wurde dann darüber ein Anbau geschaffen. In ihm hängt jetzt die Glocke, die laut Inschrift auf dem Glockenhals im Jahr 1400 gegossen worden ist. Eine zweite Glocke ist im 1.Weltkrieg eingeschmolzen worden. An der Südwestseite des Turms kann man in Höhe von ca. 6 m eine Öffnung in der Turmmauer erkennen. Diese Öffnung diente den Bewohnern des Dorfes seit alters her dazu, bei Gefahr in den Turm zu flüchten und „zu türmen“. Ursprünglich war der Turm gegen Westen vermauert und ist erst 1886 beim Umbau aufgebrochen und mit einer Eingangstür versehen worden.

 

 

 

Das Kirchenschiff

Man gelangte also ursprünglich durch eine Tür im Nordosten in die Kirche. Wie Grundrisszeichnungen zeigen, schloss sich an den Turm ein 8m mal 8m großer „lichter“ Raum an, der mit einem Kreuzgewölbe versehen war. Eine Empore ist wohl erst später eingebaut worden. Als Bauherrn geben sich Pastor IOACHIM IORDANS ( 1606 –1617) und die Ältesten Michel Bullen und Hans Leneke durch eine Inschrift zu erkennen. Durch den Umbau 1886 ist die Empore offensichtlich vergrößert worden: die Bohrlöcher im Deckenbalken für den zweiten Leuchter sind noch heute erkennbar. Die wechselvolle Geschichte des Kirchbaus spiegelt sich auch in dem Geschick, das die Kirche im 19.Jhd. erfuhr, wider. Der bauliche Zustand und das Wachstum der Gemeinde führten um 1850 zu dem Entschluss, die Kirche abzureißen und neu zu bauen. Als die Kirche dann Risse im Mauerwerk aufwies, beschloss der GKR, sie zu schließen. Gottesdienste fanden ab sofort im engen Schulhaus statt. Mangels Mitteln musste man zunächst von dem Plan eines Neubaus Abstand nehmen. Aber die Risse ließen nach einem Jahr keine Vergrößerung

erkennen, sodass die Gemeinde wieder im Kirchraum Gottesdienst feierte. Unterdessen wurde fleißig gesammelt und der stolze Betrag von 6500 Goldmark von der Gemeinde für die neue Kirche eingebracht. 1887 erfolgte dann der Abriss und binnen einem Jahr das Richtfest. In seinem Dankeswort bei der Einweihung des neuen Gotteshauses 1888 hebt der Magdeburger Generalsuperintendent G. Schultze besonders den Einsatz der Bürger für ihre Kirche lobend hervor, die bei den Bauarbeiten mit Hand und Spanndiensten selber kräftig zugepackt haben. Die Orgel ist 1903 vom Gemeindekirchenrat geplant und 1906 nach Überwindung einiger Widerstände in der Gemeinde angeschafft und eingebaut worden. 1920 wurde sie um einige Pfeifen erweitert. Heute ist sie nicht mehr bespielbar.
Die alten Kronleuchter stammten aus dem 17. Jhd. (Stiftung der Familie Gose) und müssen wohl unbrauchbar geworden sein. Zwei neue Leuchter sind jedenfalls zur Einweihung der neuen Kirche von Ristedter Gemeindegliedern gestiftet worden. Im 20.Jahrhundert wurden sie mit einer elektrischen Zuleitung versehen, die dann aber wieder entfernt wurde. Der zweite dieser beiden Leuchter ist bei Baumaßnahmen zu DDR-Zeiten wohl verloren gegangen. Die Taufkanne stiftete u.a. Mühlenbesitzer Dömland, das Abendmahlsgerät und den Opferteller die Gräfin Bertha v.d. Schulenburg.

Der Altarraum

Wendet man sich nun vom Eingang im Mittelschiff zur Apsis, dann befand sich in der alten Kirche rechts die Kanzel. In der Mitte der Apsis erblickt man den Flügel – Altar. Er ist einem Meister aus dem späten Mittelalter um 1500 zuzuordnen. Er zeigt im Mittelbild Maria mit dem Jesuskind, das zum Zeichen seiner göttlichen Macht - vergleichbar dem Reichsapfel - die Weltkugel in der Hand trägt. Neben Maria ist Joseph in der Bewegung und Bekleidung mit einer Muschel als Pilger dargestellt, was u.U. darauf hinweisen könnte, dass der Altar ursprünglich an einem Jakobsweg seine erste Aufstellung fand. Über den beiden Hauptfiguren befand sich wohl noch eine Darstellung eines Baldachins, die aber verloren gegangen ist. Neben dem Hauptbild finden wir die Darstellung von vier Frauen, die zu den mittelalterlichen Nothelfern gehören: links Katharina mit dem Rad und Buch, Margareta mit dem Drachen (oder Agnes mit dem Lamm), Kunigunde mit dem Kirchenmodell, Barbara mit dem Kelch. Auf den Flügeln des Altars sind jeweils 4 Apostel abgebildet: links beginnend mit Andreas mit dem Kreuz, darunter Paulus mit Buch (?) mit Johannes und dem Kelch (?) sowie weitere Apostel. Frau Gertrud von der Schulenburg, selber Restauratorin, ließ den Altar zum Neubau neu erstehen, wie auf der Rückwand vermerkt ist „Gott ist hoch zu loben, hier und ewig droben. 1888“. Die Predella ist von der Gräfin ebenfalls gestiftet worden. Es handelt sich um eine Abendmahlsdarstellung in Flachschnittarbeit, rechts und links Medaillons der Evangelisten Mathäus und Johannes mit Texten zum Abendmahl (Mt. 26,26;Joh 7,37).

 

Der Taufstein

An der linken Stirnseite der Kirche steht heute der Taufstein, nachweislich das älteste Teil der Kirche. Betrat man vor 1886 die Kirche, befand sich der Taufstein unter

der heutigen Empore. Der Taufstein ist aus Muschelkalkstein erstellt, wie er im Elm gefördert wurde und auch in anderen Kirchen der Gegend Verwendung gefunden hat. An seiner Stirnseite trägt er ein mittelalterliches Relief des gekreuzigten Christus mit Maria und Johannes. Der Taufstein war ursprünglich mit einer Kappe verschlossen, die das geweihte Taufwasser vor Missbrauch schützen sollte. Die gewaltsame Entfernung der Halterung ist noch erkennbar.

Das in die Cuppa eingelassene Taufbecken war groß genug, um kleine Kinder ganz im Taufwasser unterzutauchen; so sah es die mittelalterliche Taufpraxis vor. Heute liegt auf dem Kessel eine Taufschale. Solche Messingschalen sind im ausgehenden Mittelalter sehr verbreitet gewesen. Es gab eine ganze Zunft der Beckenschläger, die von Nürnberg ausgehend für das ganze Reich arbeitete. Für die Bildprogramme auf dem Schalengrund wurden Stanzmodelle verwendet wie die vorliegende Abbildung zeigt. Die Becken dienten zunächst zu ganz profanem Gebrauch im Haushalt oder im Geschäft z.B. beim Barbieren. Aber auch als Wandschmuck in wohlhabenden Bürgerhäusern sind sie üblich gewesen und haben in der Alltagsfrömmigkeit ihren Platz gehabt. Im Lauf der Zeit wurden sie gern als Taufschalen den Kirchengemeinden gespendet. In der Ristedter Taufschüssel sieht man eine damals weit verbreitete Darstellung der Ankündigung der Geburt Jesu durch den Engel Gabriel an Maria, auf die der Geist Gottes in derGestalt einer Taube herabkommt. Das Bild wird von einem Buchstabenband umgeben .

Der „Text“, die Legende ist ausschließlich zum Schmuck da und gewollt unleserlich. Unsere Schale trägt die Insignien: F Anna Bölschen * H Michael Saltzsider * S.N.S.L.W.W. Anno 1666. Die Taufschale wurde offensichtlich im Jahre 1666 der Kirchengemeinde übereignet. Die einzelnen Buchstaben weisen u.U. auf weitere Namen hin.

 

 

 

 

Das Chorherrenstift in Hamersleben

Die Machtverhältnisse im „Römischen Reich deutscher Nation“ waren im 11. und 12.Jahrhundert bestimmt vom Streit des Kaisers mit dem Papst um das Recht, Bischöfe einzusetzen (Investiturstreit) sowie der Auseinandersetzung des Kaisers mit dem wachsenden Einfluss des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen. Ristedt gehörte im 11. und 12. Jahrhundert zu den Besitzungen der pfalzgräflichen Familie Sommerschenburg bei Helmstedt. Eine Tochter aus dieser Familie war die

Thietburga, die einige ihrer Ländereien dem Kloster Osterwieck zur Schenkung machte. Ihre Tochter Mechthild fügte zum Stiftungsgut weitere Ländereien etc. hinzu, darunter auch Ristedt. Stiftung von weltlichen Gütern an die Kirche war weit verbreiteter mittelalterlicher frommer Brauch: man versicherte sich damit der Fürbitte für das ewige Heil durch die Stifts- oder Klostergemeinschaft. Diese war ihrerseits mit allem weltlichen Hab und Gut versorgt. Bischof Reinhard von Halberstadt (1107 – 1123) hatte im Zuge der geistlichen Erneuerungsbewegungen des Mittelalters die Augustinerchorherren nach Osterwieck gerufen und dort ansässig machen wollen. Sie sollten im Verkündigungsdienst wie in der Seelsorge tätig werden. Wegen des Marktlärms in Osterwieck waren sie aber genötigt, nach Hamersleben auszuweichen. Dort entfalteten sie ein reges geistliches Leben, das sich etwa an der Hamerslebener Bibel oder an dem beeindruckenden Bau der dreischiffigen Basilika ablesen lässt. Es hatte missionarische Auswirkung bis weit in die Altmark hinein. In der Urkunde zur Kirchweihe gibt Bischof Tammo zu wissen, dass er die Kirche zu Ristedt „sub titulo Sancti Pancratii“, d.h. auf den Namen des Heiligen Pankratius geweiht habe. Die Kirche trägt damit den Patronatsnamen „zum Heiligen Pankratius“ wie übrigens alle von Hamersleben gebauten Kirchen auch.

Der Heilige Märtyrer Pankratius

Die älteste deutsche Darstellung dieses Märtyrers aus dem 3.Jhd. stammt aus Hamersleben selbst. Sie findet sich auf dem Widmungsblatt in der Hamerslebener Bibel, die um 1180 entstanden ist.

Pankratius, der Legende nach ein Waisenkind aus Phrygien, war im Jahr 297 mit seinem Onkel nach Rom gekommen. Er bekannte sich zum christlichen Glauben und ließ nicht ab davon; während der Verfolgung unter Kaiser Diokletian weigerte er sich, den Kaiser als Gott zu verehren. Er starb daraufhin im Alter von 14 Jahren den Märtyrertod. Pankratius, einer der 14 Nothelfer, gewann Bedeutung in Mitteleuropa, als der deutsch-römische Kaiser Arnulf von Kärnten seine Eroberung Roms am 12. Mai 896 der Fürbitte des Hl. Pankratius zuschrieb. Aus meteorologischen Gründen ist er auch unter den Eisheiligen zu finden. Er gilt u.a. als der Patron der jungen Saat und Blüte.

Pankratius wird auf dem Widmungsblatt mit dem Schwert, durch das er den Märtyrertod erlitten hat, so wie mit der Friedenspalme, dem Zeichen der vollendeten Überwinder, dargestellt. Das Widmungsblatt der Hamerslebener Bibel zeigt den Heiligen mit anderen Männern der ersten Stunde. Links im Bild erkennt man die ersten Pröpste in Hamersleben bis zu Propst Bernhard. Im Bild darüber ist Bischof Reinhard dargestellt, der mit der Thietburga das Kloster Hamersleben in der Hand hält: beide gelten als die Stifter des Klosters. Rechts auf dem Bild sehen wir Augustinerchorherren, die den Dienst der Verkündigung und der Seelsorge versehen. Das Motiv wird rechts unten im Bild aufgenommen. Zwei Chorherren halten eine Tafel, auf der die vier Evangelien dargestellt sind. Das will besagen, dass die Augustinerchorherren als Priester im Verkündigungsdienst stehen. Zu Füssen des Heiligen bringen Augustinerchorherren dieses Buch als Gabe und als einen Dank durch den Heiligen Pankratius dem Gott dar, dem allein die Ehre gebührt. Das Augustinerchorherrenstift in Hamersleben war zur Zeit der Kirchweihe verantwortlich für die Verkündigung und Seelsorge in der Gemeinde in Ristedt.

Die Kirchweihe

Nach dem Stiftsurbar des Klosters Hamersleben fand die Weihe der Kirche am 8.November 1182 durch Bischof Tammo aus Verden (1180 – 1188) statt. Aus der Urkunde geht hervor, das Bischof Tammo diese Dorfkirche - neben einigen anderen Kirchen - im Auftrag des Markgrafen Otto von Brandenburg geweiht hat. Zu vermuten ist, dass das Kloster Hamersleben selber Bauherr war. Aber auch die Gemeinde vor Ort hat durch Hand- und Spanndienste zum Kirchbau beigetragen.

Das römische Gottesdienstbuch sieht für die Weihe einer Kirche eine besondere Messordnung vor. Die Messe begann mit der Versammlung des Bischofs und der an der Weihehandlung beteiligten übrigen Geistlichen vor der Kirche. Der Bischof klopfte an die Kirchentür; der im Kirchraum befindliche Priester antwortete von innen und öffnete dem Festzug die Tür. Geistliche und Gemeinde zogen dann in den Gottesdienstraum ein. Unter Lied und Gebet wurden der Altar sowie die Wände der Kirche mit heiligem Öl („Chrisam“) gesalbt. Im Volk Israel wurden Personen, bes. Könige und Gegenstände zum Zeichen ihrer Zugehörigkeit zu Gott „gesalbt“. Kirche und Altar wurden auf diese Weise Gott geweiht, für immer „übereignet“. An 12 tragenden Wänden und Pfeilern der Kirche wurde mit Chrisam ein Kreuz aufgetragen und eine Kerze angezündet zum Sinnbild für Christus und die 12 Apostel, das Fundament der Gemeinde. Damit war zugleich die Verbundenheit der Ortskirche mit der die ganze Ökumene umfassenden ( = katholischen) Weltkirche zum Ausdruck gebracht. Dieser Ritus wurde in Ristedt wohl nicht anders vollzogen als heute. Der Ort der so geweihten Kirche wurde dann im Gebet dem
Siegel Bischof Tammos aus Verden        dreieinigen Gott übergeben und das Gotteshaus unter dem Patron - in diesem Falle dem heiligen Pankratius- Gott heilig

gemacht „zu ewigem Gebrauch“ durch die Gemeinde. Weihrauch als Zeichen des Opfers der Gebete und Lieder begleiteten die Handlung. Das mittelalterliche Gottesdienstbuch sah darüber hinaus bei Kircheinweihungen besondere gebietende Gebete vor, die ausdrücklich dem Teufel und Dämonen im Namen Jesu wehrten. Dahinter stand die Überzeugung, dass die Kirche der Ort des wahren Lebens, der Gemeinschaft mit dem gekreuzigten und auferstandenen Christus ist, der den dämo- nischen Mächten, von denen sich die Menschen stets bedroht fühlten, durch seinen Tod auf Golgatha für immer die Macht genommen hat. Nach Gebet, Lied, Predigt mochte dann in der Abendmahlsfeier (Eucharistie) die Weihe der Ristedter Kirche ihren Höhepunkt gefunden haben. Mit dem Segen Gottes wurde die Gemeinde entlassen. Der Weihehandlung wohnten eine ganze Reihe von Geistlichen aus dem Gebiet bei: darunter auch Almericus, der Propst aus Salzwedel, aber auch Burchardus aus Tangeln und andere. Die Urkunde, die Bischof Tammo darüber anfertigen ließ, regelt die pfarramtlichen Dienste , die dem Priester übertragen worden sind, neben der Messfeier war das das Recht zu den Amtshandlungen wie Taufe und Beerdigung, aber auch zur Seelsorge. Die Urkunde legt außerdem fest , dass die Ristedter Kirche frei ist von Abgaben. Dafür aber kümmern sich die Gemeindeglieder selber um die Versorgung ihres Priesters und den Erhalt ihrer Kirche. Der Priester für Ristedt sollte nach der Regelung Tammos aus den Chorherren von Hamersleben gewählt werden und unterstand kirchenrechtlich dem Archidiakon in Kuhfelde bzw. dem Propst in Salzwedel.

Das Patronat der Familie von der Schulenburg

Erst 1465 ging Ristedt zur Hälfte in den Besitz der Grafen von der Schulenburg über. Damit wurde auch die Kirche und ihre Gemeinde dem Patronat der Familie von der Schulenburg unterstellt. An der vorderen rechten Chorbestuhlung ist bis heute das Wappen der gräflichen Familie von der Schulenburg angebracht. Die Greifenfüße erinnern ihrem Ursprung nach an den preußischen Adler und damit im Wappen an die einstige Dienstverpflichtung der Familie gegenüber dem preußischen Herrscherhaus. Die Familie selbst ist im 12. Jahrhundert unter Albrecht dem Bären aus den Niederlanden nach Deutschland gekommen mit der Aufgabe, das Land, vor allem Sumpfland trocken zu legen und urbar zu machen, wie sie es in der Heimat gewohnt war. Sie ist dann in der Altmark sesshaft geworden. Durch das Wappen in der Ristedter Kirche gibt diese Kirche sich bis heute als ehemalige Patronatskirche der Grafen von der Schulenburg Beetzendorf zu erkennen.

 

Aus der Geschichte der Kirche

Die Geschichte der Kirche und der Gemeinde in Ristedt ist eingebunden in die Geschicke der Kirche in der Altmark.
Bis 1575 war in Ristedt als erster evangelischer Pfarrer Johannes Brüsecke tätig. Die Kirchenbücher, die noch erhalten sind, beginnen mit dem Jahre 1645. Sie sind „nach dem großen Brande“ wieder begonnen worden.

Aus dem Jahr 1648 liegt uns ein Visitationsprotokoll vor, in dem das Bestehen der Pfarrstelle ohne Küster vermerkt und beanstandet wird.
* Anmerkung von Volkmar Hohmeyer ( 28.11.2011): Johannes Ungnade, geb. in Mehmke, war von 1617 - 1657 Pastor in Ristedt, wo er auch starb.
Die Pfarrstelle war also doch besetzt. Wie konnte es zu diesem Eintrag im Visitationsprotokoll kommen ?

 

1723 wird die Versorgung eines eigenen Küsters durch die Gemeinde geklärt und urkundlich festgehalten.

Um 1700 ist u.U. eine Erneuerung des Kirchturmdaches erfolgt. Eine Skizze eines Wetterhahns trägt das Datum 1704. Der Hahn auf dem Kirchturm – Erinnerung an die Verleugnung des Jesusjüngers Petrus so wie an den Anbruch eines neuen Tages – war ein bekanntes Erkennungszeichen für die christliche Gemeinde.

1887 wurde nicht nur die Kirche erneuert. Nachdem die Pfarrstelle von 1825 bis 1900 unbesetzt geblieben und die Gemeinde vom Pfarrer in Jeeben mitbetreut worden war, wurde sie um die Jahrhundertwende neu vom Konsistorium eingerichtet. Damit der Pfarrer vor Ort seinen Dienst wahrnehmen konnte, baute die Gemeinde ihm ein Pfarrhaus, das 1901 von Pfarrer Martin Holtzheuer als erstem Mieter bezogen werden konnte.

1978 wurde die Kirche restauriert. Die Gemeinde feierte den Neubeginn mit einem Festgottesdienst am 10. September 1978.

 

Die Kirche und die Gemeinde im Jahr 2007

Im Jahr 2007 ist die Kirchweihe 825 Jahre her. Auch wenn wir uns eingestehen müssen, dass wir über die Menschen des Mittelalters und ihre Lebensweise sehr wenig wissen, oftmals nur durch Rückschlüsse aus den vorliegenden Urkunden uns ein ungefähres Bild machen können, bleibt dieses Datum ein Grund zum Staunen. Über Jahrhunderte hat sich in dieser Kirche eine Gemeinde versammelt, um Gott zu loben und zu danken, sein Wort zu hören, und ihm zu antworten mit Lied und Gebet. Das Kirchweihjubiläum gibt nicht nur Anlass, uns die Geschichte des Kirchgebäudes und der ansässigen Kirchengemeinde zu vergegenwärtigen, sondern auch Gott zu danken, dass er über einen solch langen Zeitraum hinweg seine Gnade und Treue dem Ort und der Gemeinde nicht entzogen hat. Das Wort vom Kreuz hat Menschen an diesem Ort Halt und Kraft gegeben, im Alltag durchzuhalten und Gottes Gebote nicht in den Wind zu schlagen. Gottes Ewigkeit leuchtet aus diesen enormen Zeitabständen und macht uns heute Mut, seiner Zusage aufs Neue zu vertrauen, dass er auch jetzt noch und immer wieder hier Menschen ruft, versammelt, sie in Wort und Gemeinschaft um seinen Tisch herum im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung stärken und führen will. Der 14 jährige Pankratius, der als Jugendlicher um Christi willen sein Leben gelassen hat, sei uns aufs Neue ein kräftiger Anstoß , zu fragen, warum er das getan hat und was für ein großer Schatz das Evangelium ist, dass er es allem Reichtum vorgezogen hat. Gott segne den Tag der Kirchweihe an allen, die die Kirchengemeinde Ristedt besuchen und ihre Feier begleiten.

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Taufkanne gestiftet vom Mühlenbesitzer Dömland und Abendmahlsgerät
gestiftet von Bertha Gräfin von der Schulenburg Beetzendorf 1888

 

Herzlichen Dank sage ich allen, die mir Informationen gegeben und Auskünfte erteilt haben,
damit dieser Kirchenführer erstellt werden konnte. Die Fotos sind privat; nur das Bild vom
Widmungsblatt der Hamerslebener Bibel wurde mir von Herrn Domkustos Jörg Richter aus
Halberstadt zur Verfügung gestellt.
Klaus Pacholik, Pfr. i.R. Dorfstr. 18, 38486) Ristedt
Tel.: 03909-473831

___________________________________________________________________________________________________________________________
zum Rundgang um die Kirche, hier sehen Sie Innenansichten von der Kirche
____________________________________________________________________________________________________________________________
zurück zur Hauptseite